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Jüdische Meditation im interreligiösen Kontext

Die jüdische Theologin Gabrielle Girau Pieck bot im Frühjahr 2022 einen Online-Kurs für Frauen zum Thema «Jüdische Mediation und Mystik» an. INFOREL hat mit der Theologin über das Judentum, Meditation und ihren interreligiösen Zugang gesprochen.

Interview und Meditationskurs
mit der jüdischen Theologin Gabrielle Girau Pieck

Interview mit Gabrielle Girau Pieck

Meditation im Rahmen einer religiösen Praxis wird wohl von vielen nicht in erster Linie mit dem Judentum in Verbindung gebracht. Tatsächlich gibt es aber eine vielfältige jüdische Meditationstradition. Die jüdische Theologin Gabrielle Girau Pieck bietet dieses Frühjahr einen Online-Kurs für Frauen zum Thema «Jüdische Mediation und Mystik» an, der von der Kulturkommission der Israelitischen Gemeinde Basel unterstützt wird. INFOREL hat dies zum Anlass genommen, sich mit der Theologin über das Judentum, Meditation und ihren interreligiösen Zugang zu unterhalten.

Frau Girau Pieck, welche Bedeutung hat Meditation im Judentum?


Es gibt eine Form der Meditation, die tatsächlich schon sehr lange eine Hauptrolle im Judentum spielt: Das «Schm’a», welches viele Jüdinnen und Juden mindestens zwei Mal am Tag beten. Aber jüdische Meditation ist eine wahnsinnig vielfältige und alte Tradition, die im Gegensatz zum Hinduismus oder Buddhismus nicht unbedingt im Mainstream angekommen ist – bis jetzt.

Was ist denn das Besondere an der Meditation, die Sie in Ihrem Kurs vermitteln?


Es geht darum, sich auf ein Gebet oder einen inspirierenden Text zu konzentrieren und Gedanken auf einer tieferen Bewusstseinsebene zu verankern. Dafür ist das «Schm’a» zwar der Haupttext in meiner eigenen Praxis – die Kursteilnehmerinnen können frei wählen – aber ich kombiniere das abwechselnd mit Texten aus der muslimischen Mystik, aus dem Christentum, dem Buddhismus und Taoismus oder sogar von Leonard Cohen. (lacht) Ich bezeichne den Kurs deshalb gerne als interspirituell.

Wie ist der Kurs zustande gekommen?


Ich gebe seit Jahren Unterricht, seit 2020 auch online. Meine Gemeinde ist interessiert an kreativen Impulsen und sie war sehr offen für meine Idee des Kurses. Das ist wirklich ein grosser Schritt für sie, auch weil die Literatur von der Rabbinerin Jamie Korngold kommt. Es ist ein Versuch… mal schauen was dabei herauskommt.

Der Kurs richtet sich spezifisch an Frauen, die Texte sind von einer Rabbinerin. Hat das eine feministische Komponente?


(lacht) Also die Lektüre ist nicht spezifisch feministisch. Vielmehr schreibt Korngold über die Umwelt, und deshalb habe ich ihr Buch ausgewählt. Ich habe zwar auch feministische Theologie studiert und das liegt mir sehr am Herzen, aber in diesem Zusammenhang ist es nicht so zentral. Und zu den Frauen: Ich habe Meditation sowohl für Männer als auch für Frauen unterrichtet, aber als ich anfing, online zu unterrichten, waren es zunächst nur Frauen und es war etwas ganz Besonderes. Ich denke, es ist wichtig, Möglichkeiten für Spiritualität zu haben, die nur für Frauen, nur für Männer oder kombiniert sind.

Der Untertitel lautet «Uns und der Umwelt zu Liebe» – können Sie das erklären?


In der Meditation geht es allgemein oft darum, Gedanken zu verlangsamen. Diese Wichtigkeit der Verlangsamung besteht aus jüdischer Sicht auch gegenüber der Umwelt. Ich mache ein Beispiel: Schabbat ist für mich ein Geschenk des Judentums – auch für die Umwelt. Man verlangsamt sich, es geht nicht um Konsum. Und das funktioniert natürlich interspirituell. An welchem Wochentag wir keine Mikrowelle brauchen, uns mehr Zeit nehmen, langsamer sind, ist egal. Der Gedanke ist: Um so mehr wir uns verlangsamen und Verbundenheit sehen, um so mehr können wir Entscheidungen treffen, die für die Umwelt gut sind. Wir machen also etwas für unsere geistige, psychische Gesundheit und helfen gleichzeitig der Umwelt.

Das Interview führte Michelle Isler.

Zur Person

Gabrielle Girau Pieck lernte während ihres theologischen Studiums an der University of California in Berkeley Meditation und praktiziert seit dreissig Jahren. Sie unterrichtet seit zwanzig Jahren und beschäftigt sich schon seit längerem mit dem interreligiösen Dialog, unter anderem war sie Vorstandsmitglied des interreligiösen Think Tanks. Gabrielle Girau Pieck unterrichtet englische Literatur und Sprachwissenschaft am Gymnasium am Münsterplatz in Basel.

Kurs: «Jüdische Meditation und Mystik: Uns und der Umwelt zu Liebe»

Der Meditationskurs von Gabrielle Girau Pieck findet an zehn Dienstagabenden vom 1. Februar – 3. Mai 2022 via Zoom statt und richtet sich an Frauen aus allen religiösen Traditionen und Weltanschauungen.

Interessierte finden alle Informationen zum Kurs, zur Anmeldung und den Kontakt der Kursleiterin in der Ausschreibung:
Flyer herunterladen (PDF)

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